Änderungen bei der Bemessung der Invalidität bei in Teilzeit erwerbstätigen Personen per 1. Januar 2018

Die Bemessung der Invalidität erfolgt, je nach Situation der betroffenen Person, nach verschiedenen Methoden. Es handelt sich dabei um die nachfolgend aufgeführten Methoden:

  • Einkommensvergleich (allgemeine Methode)
  • Tätigkeitsvergleich (spezifische Methode)
  • Kombination aus Einkommens- und Tätigkeitsvergleich (gemischte Methode)
  • besondere Ausprägung des Einkommensvergleichs (angepasste Methode)

Die Kombination aus Einkommens- und Tätigkeitsvergleich (gemischte Methode) kommt bei in Teilzeit erwerbstätigen Personen zur Anwendung. Diese Methode wurde immer wieder als ungerecht kritisiert. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Methode fast ausschließlich Frauen betrifft, die in Teilzeit arbeiten und daneben im Haushalt tätig sind. Besonders stoßend wurde diese Berechnung u.a. dann, wenn sie unmittelbar wegen Mutterschaft zur Anwendung kam. Wenn eine in Vollzeit erwerbstätige Frau invalid wurde und später ein Kind bekam, wurde die Frau in der Regel ab der Geburt des Kindes nur noch als Teilzeit-Erwerbstätige eingestuft. 

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte im Jahre 2016 fest, dass die gemischte Methode diskriminierend sei, weshalb der Bundesrat die IV-Verordnung überarbeitete und die gemischte Methode neugestaltet. Neu sollen nun die gesundheitlichen Einschränkungen in der Erwerbstätigkeit und jene in der Haus- oder Familienarbeit gleich stark gewichtet werden. Für den Teil der Invaliditätsbemessung, der auf Basis des Einkommensvergleichs bestimmt wird, wird von einer vollen Erwerbstätigkeit ausgegangen.

 

Um die Änderung ab dem 1. Januar 2018 verständlich aufzuzeigen, gehen wir in unserem Beitrag nur auf die allgemeine und gemischte Methode zur Bemessung des Invaliditätsgrades ein. Anhand dieser beiden Methoden können die bisher als ungerecht kritisierte Bemessung und die Änderung per 1. Januar 2018 anschaulich dargestellt werden.

 

Einkommensvergleich bei Vollzeitbeschäftigung

Wenn jemand vor Eintritt der Invalidität vollzeitig erwerbstätig war und aufgrund der Invalidität dauerhaft nicht mehr oder nicht mehr voll arbeitsfähig ist, so wird die Invalidität anhand eines Einkommensvergleichs ermittelt. Das Invalideneinkommen wird ins Verhältnis zum Valideneinkommen gesetzt, d.h. es wird bestimmt, was die Person ohne Gesundheitsschaden weiterhin verdient hätte (Valideneinkommen) und was sie mit dem Gesundheitsschaden noch verdienen könnte (Invalideneinkommen). Diese Berechnung ergibt den Invaliditätsgrad.

 

Beispiel

Eine Person hat vor Eintritt der Invalidität CHF 90.000 pro Jahr verdient. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung kann die Person nur noch CHF 45.000 pro Jahr verdienen. Der Invaliditätsgrad beträgt somit 50%. Die Person hat Anspruch auf eine halbe IV-Rente der.

 

Gemischte Methode bei Teilzeitbeschäftigung

Bei Personen, die bei Eintritt der Invalidität nur in Teilzeit tätig waren, wird der Invaliditätsgrad anders bemessen. Die Bemessung wird anhand der Teilzeitarbeit und der Tätigkeiten im Haushalt bestimmt, wobei die beiden Tätigkeiten (Teilzeit und Aufgaben im Haushalt) separat bemessen werden. Man spricht hier von der gemischten Methode. Für die Teilzeittätigkeit wird der Einkommensvergleich wie oben dargestellt vorgenommen. Für die Aufgaben im Haushalt hingegen wird anhand eines Tätigkeitskatalogs abgeklärt, welche prozentuale Einschränkung durch den Gesundheitsschaden bei der Haushaltsführung besteht. Die Ergebnisse werden nach Maßgabe der Aufteilung der Erwerbstätigkeit in Prozenten und Haushaltsführung gewichtet (100 Prozent Gesamttätigkeit ./. Erwerbstätigkeit in Prozenten = Haushaltsführung in Prozenten). Die Resultate der beiden Bemessungen werden schlussendlich zusammengezählt und so der Invaliditätsgrad bestimmt.

 

Beispiel Berechnung gemischte Methode bisher

Eine Person war vor Eintritt der Invalidität 50% erwerbstätig und hat dafür CHF 50.000 pro Jahr verdient. Aufgrund eines Gesundheitsschadens kann die Person neu nur noch maximal 50% arbeiten. Die Berechnung erfolgte in diesem Fall bisher wie folgt:

 

Valideneinkommen CHF 50.000, Invalideneinkommen CHF 50.000, Invaliditätsgrad somit 0%. Die Berechnung erfolgte bis anhin mit der Begründung, dass die Person aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung nur noch zu 50% erwerbsfähig ist. Sie war schon bisher, d.h. unabhängig vom Gesundheitszustand, lediglich zu 50% erwerbstätig. Demzufolge bestand kein Einkommensverlust.

 

Die Abklärung der Invalidität im Bereich Haushaltsführung anhand des Tätigkeitskatalogs hat in unserem Beispiel als Annahme ergeben, dass die Person in der Haushaltsführung eine Einschränkung von 40% hat. Dies ergab folgende Berechnung des Invaliditätsgrades:


Art

Erwerbstätigkeit

Haushaltsarbeit

Anteil vor IV

50%

50%

Einschränkung

0%

40%

Gewichtung

0%

20%



Summe

20%



 Der Invaliditätsgrad beläuft sich auf 20%. Somit besteht kein Anspruch auf eine Rente der IV.

 

Wäre die Person, wie oben dargestellt, voll erwerbstätig gewesen, hätte sie eine Rente erhalten; in Teilzeitbeschäftigung eben nicht.

 

Beispiel Berechnung gemischte Methode neu

Neu wird von einer vollen Erwerbstätigkeit ausgegangen, d.h. man geht folgerichtig davon aus, dass die Person ohne Gesundheitsschaden zu 100% erwerbstätig sein könnte. Ausgehend vom oben aufgeführten Beispiel ergibt sich aufgrund der Berücksichtigung der vollen Erwerbstätigkeit nachfolgend aufgeführte neue Berechnung:

 


Art

Erwerbstätigkeit

Haushaltsarbeit

Anteil vor IV

50%

50%

Einschränkung

50%

40%

Gewichtung

25%

20%



Summe

45%



Der Invaliditätsgrad beläuft sich neu auf 45%. Es besteht somit neu ein Anspruch auf eine Viertelsrente der IV.

 

Aufgrund der Änderung prüfen die IV-Stellen von Amtes wegen alle laufenden Viertelsrenten, halben Renten und Dreiviertelsrenten, die nach der bisherigen gemischten Methode berechnet wurden. Eine allfällige Erhöhung der Rente wird ab dem 1. Januar 2018 gewährt.

 

Personen, die bisher aufgrund der alten Methode keine Rente erhalten haben, müssen sich neu anmelden, d.h. die betroffenen Personen müssen selber aktiv werden. Es empfiehlt sich eine rasche Neuanmeldung bei der zuständigen IV-Stelle.

 

(Stand: Dezember 2017)